So richtig ging die Zeremonie erst los, als sich Braut und Bräutigam zusammen mit einem Brahmanen (ein geistlicher, der die Zeremonie leitet) unter ein kleines Dach gesetzt haben. Die Braut mit dem Brautvater und auf der anderen Seite der Bräutigam. Im Laufe der Zeremonie wurden Dinge ausgetauscht (Geld, Essen,…), die alle eine bestimmte Symbolik haben. Da alles auf Bengali war, haben wir es nicht so richtig verstanden, zu unserer Erheiterung sagte Raj (der Bräutigam), dass er auch nur so etwa 20% der Rituale kennt und versteht, den Rest lässt er neugierig über sich ergehen. Hat mich mein Eindruck, dass alles etwas improvisiert ist, doch nicht getäuscht. Gegen Ende der Zeremonie, es war mittlerweile fast 2 Uhr morgens, wechselte die Braut von ihrem Vater auf die Seite des Bräutigams, was damit einher ging, dass uns jemand der Brautfamilie zu verstehen gab, sich bitte in die erste Reihe direkt hinter das Brautpaar zu setzen. Beide bekamen Kronen auf, über deren Symbolik uns aber keine so richtig aufklären konnte und es wurden fleißig Fotos von dem Brautpaar gemacht. Alle mit den drei Deutschen im Hintergrund. Ich habe es mir nicht nehmen lassen, dann mal aus meiner Perspektive zu fotografieren, hier das Ergebnis. Achso, am zweiten Tag ist Ruhe angesagt, der offizielle Empfang der Braut im Hause des Bräutigams findet am dritten Tag statt….
Nachdem Raj aus dem Auto gestiegen ist und die ersten Rituale über sich hat ergehen lassen, wurde er auf eine Art Thron gesetzt und musste Gäste begrüßen und auf die Zeremonie warten. Da wir etwas spät bei Raj losgekommen sind, haben wir den ersten Zeitpunkt für die Zeremonie verpasst. Der nächste Zeitpunkt war dann um 24 Uhr, bis dahin waren es aber noch drei Stunden. Ajit kommentierte das Ganze mit: waiting is spart of the indian marriage process. Mehr muss ich dazu nicht sagen. Uns wurde auch nicht wirklich langweilig, da fast alle dort Fotos mit uns machen wollten und wir zwischendurch noch sehr sehr sehr leckeres Essen bekamen. Den Stellenwert unseres Besuches kann man daran ablesen, dass wir drei deutsche als einzige der 500 Gäste Glasteller bekamen, und nicht wie die anderen Styroporteller. Irgendwann ging es dann tatsächlich los, und die Braut ist zu ihrem Bräutigam getragen worden, anschließend musste sie ihn sieben Mal umrunden bevor die eigentliche Zeremonie begann. Beide standen zunächst einander gegenüber…
Am ersten Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten (es gibt insgesamt drei Tage) findet die eigentliche Zeremonie statt. Diese wird im Haus der Eltern durchgeführt, zu dem wir zusammen mit dem Bräutigam gefahren sind. Während seitens des Bräutigams lediglich die engsten Verwandten und sehr gute Freunde teilnehmen, sind etwa 500 Gäste der Braut geladen. Wir sind kurz vor dem Bräutigam (drei deutsche) im Haus der Braut angekommen, das in einem kleinen Ort, eine Autostunde von Kharagpur entfernt, liegt. Und mit Dorf, meine ich Lehmhütten und Kühe im Stall nebenan. Daher ist es etwas sehr besonderes wenn Gäste von soweit Weg angereist kommen, und es war auch nicht verwunderlich, dass jeder mit uns Bilder machen wollte. Als der Bräutigam dann kam, begann die Zeremonie mit diversen Ritualen, um den Bräutigam im Hause der Brauteltern willkommen zu heißen. Während es für Raj also, direkt nach dem Aussteigen aus dem Auto, losging, musste seine Braut in einem anderen Raum noch warten….
Da ich in Deutschland gar nichtmehr dazu gekommen bin, meine etwas zur Zottelhaftigkeit neigenden (bei Nicht-schneiden) Haare schneiden zu lassen, musste ich es hier in Indien machen lassen. Die Hochzeit rückt auch unweigerlich näher und so war der Plan hier in den Glow in Beauty Parlour for Ladies and Gents with combined AC zu gehen. Gut, das hab ich mir seit Ankunft vorgenommen, aber irgendwie war ich so mit Schlaf nachholen und ausruhen beschäftigt, dass es erst gestern geklappt hat. Irgendwie mit Händen und Füßen und ein paar englischen Worten, die meine alte Haarpracht beschrieben, habe ich dem Friseur erklärt, dass er das ja ordentlich machen soll und ich nicht für Experimente zu haben bin. Ging super fix alles, der Friseur hatte sichtlich Spaß obwohl er kaum englisch sprach und ich vergessen hatte, meine Latschen vor dem Laden stehen zu lassen (macht man hier so). Das Ergebnis ist auch zufriedenstellend und hat gerade mal 50 Rupien, also 70 cent gekostet. Jetzt kann die Hochzeit kommen!
Nochmal Eindrücke vom Gole Bazar, auf der Suche nach passender (und angemessener) Hochzeitskleidung und einem Geschenk für die Braut. Denn uns ist aufgefallen, dass sie, da wir zur offiziellen Zeremonie, die von den Brauteltern ausgerichtet wird, eingeladen sind, auch ein Geschenk haben sollten. Jan hat seine Kontakte auf dem Campus spielen lassen, und mal in Erfahrung gebracht was man so schenken könnte. Bei seiner kleinen Umfrage ist rausgekommen ein Schal wäre eine feine und angemessene Sache. Also sind wir auf dem Gole Bazar in eine Art Halle gegangen, mit ganz kleinen Gängen und ganz vielen bunten Kleidungsstücken. Hauptsächlich Saris und Kleider (Salwar Kamiz) gibt es dort zu kaufen und natürlich Tücher. Es haben sowohl die Verkäufer, als auch die Frauen, die dort saßen um sich Kleidung anzuschauen recht verdutzt geschaut, als drei Weiße dort durchgeschlendert sind und tatsächlich etwas gekauft haben! Kommt, denke ich, nicht so oft vor, dass durch diese Halle drei weiße Männer schlendern und einkaufen. Wir sind aber am Ende des Tages zufrieden, mit Hochzeitskleidung und Geschenk nach Hause gefahren (auch wenn das Fahren mit einer Autorikscha eher versuchtem Selbstmord ähnelt) und warten nun gespannt auf den Mittwoch. Da geht es dann los mit der Hochzeit.
Auf der Suche nach traditioneller Kleidung, die wir bei der Hochzeit tragen können, hat es uns nach 10 min Autorikschafahrt auf den Gole Bazar verschlagen. Ganz viele kleine Straßen mit Geschäften und improvisierten Verkaufsständen. Neben Jan und mir war noch Phillip dabei, der ebenfalls aus Hannover kommt und hier ein Auslandssemester macht. Wir gehen also so durch die Straßen, es ist kurz nach 15 Uhr, kurz nach Ende der Mittagspause, weswegen doch recht wenige Leute dort waren. Natürlich waren wir die Hauptattraktion. Es haben uns alle mit großen Augen und viel Freude „angestarrt“. Winken, lächeln, Hände schütteln weitergehen. Vielleicht sollte ich mal über Autogrammkarten nachdenken…Wobei einer nicht nur gucken wollte. Er gab uns zu verstehen, dass er unbedingt vor seiner Werkstatt von uns fotografiert werden will. Also Kamera raus, fix fotografiert, hier ist es.
Dadurch, dass wir die ersten beiden Nächte in einem Gästehaus außerhalb des Campus untergebracht sind, ist ein täglicher Spaziergang durch die indische Lebenswirklichkeit notwendig. Kurze Unterbrechung…während ich dieses im (V)eggies auf dem Campus sitzend schreibe, vollzieht sich der Tageswechsel und jemand hat hier scheinbar Geburtstag, das ganze “Restaurant“ singt zumindest Happy Birthday. Fast das ganze Restaurant singt, der weiße Mann am Laptop schaut komisch…Ende der Unterbrechung. Also sehe ich mehrmals täglich, wie Menschen zwischen den Bahnschienen leben, arbeiten, ihre Kinder großziehen. Sie waschen sich an einer Leck geschlagenen Wasserleitung und die Klamotten hängen am Zaun neben den Bahnschienen zum trocknen. Wirklich sauber sind sie auch nicht. Es riecht überall nach verbranntem Plastik und noch anderem. Es ist ganz anders als auf dem Campus, wie ich früher schon sagte, dort ist es Indien light, draußen ist es Indien pur, mit allem was man sich als weißer Europäer für seine eigenes Leben und das seiner Familie und Freunde nicht wünscht. Und trotzdem ist es wieder spannend hier zu sein. Aber lieber nur gucken, nicht nachdenken….
Nach etwa 10 Stunden Flug und einem kurzem Zwischenstopp in Dubai sind wir recht übermüdet in Kolkata gelandet. Die Flüge waren sehr angenehm, nur wirklich schlafen ist für mich in Flieger unmöglich. Und dann kommt man in Indien an, und es ist noch ziemlich alles genauso wie man es in Erinnerung hatte. Gleich bei der Kontrolle des Visums bin ich ob meiner Größe wieder aufgefallen. Vor dem Schalter des Einreisebeamten sind zwei Stufen aufgebaut, auf die man geht um über den Tresen zu schauen und sein Visum vorzuzeigen. Anschließend wird ein Foto erstellt, ein paar Fragen sind zu beantworten und der Reisepass wird gestempelt. Als ich das Foto machen sollte, gab mir der Beamte zu verstehen, ich sei zu groß, er bekomme mich mit der Kamera nicht eingefangen. Daher solle ich doch bitte von den Stufen steigen. Als ich ihm dann mit Händen und Füßen zu verstehen gab, ich stünde doch gar nicht auf den Stufen, wollte er mir nicht glauben, stand ungläubig auf, guckte über den Tresen und schüttelte laut lachend den Kopf. Danach durfte ich auch einreisen. Unser Fahrer, der uns nach Kharagpur bringen sollte war auch da, inklusive eines Dokotoranden vom IIT der uns sofort gesehen und laut meinem Namen rief. Während ich nachdachte wie er hieß, fragte er mich alles mögliche, was seit meinem letzten Besuch passiert ist. Er konnte sich scheinbar noch gut an mich erinnern...
Nun geht es also tatsächlich wieder nach Indien! Lange ist es nicht mehr hin, dann bin ich wieder weg (Deutschland), bzw. da (Indien). Anlass für die Reise ist die Hochzeit von Raj (auf dem Bild links), zu der ein Kollege und ich eingeladen sind (20.-22. Januar). Also geht es zunächst über Kolkata nach Kharagpur (dort wo ich schon 2013 für 2 Monate gewesen bin) um bei der Hochzeit dabei zu sein. Anschließend geht es weiter nach Kerala in den Süden Indiens um die letzten 5 Tage der Reise in Mumbai die Zeit in Indien ausklingen zu lassen. Von dort aus geht es dann wieder zurück nach Deutschland. Ich bin mal gespannt und freue mich, was mir in der Zeit vor die Linse kommt und ich hier bloggen werde!
Das hier gezeigte Bild ist übrigens 2013 auf dem Weg ans Meer nach Digha Beach entstanden. Wir (Raj, Ajit (der war 2014 für 2 Monate in Deutschland) und ich) haben auf dem Weg einen Tempel besucht, sind Kühen und deren Hinterlassenschaften ausgewichen und haben diese tolle Foto machen lassen....schon ein paar Tage her.
So schnell die Feiertage dieses Jahr (induziert durch viel Arbeit) vor der Türe standen, so schnell sind sie dieses Jahr auch vorübergegangen. Irgendwann am Heiligen Abend hat sich dann auch bei mir die weihnachtliche Gelassenheit eingestellt sodass die Feiertage, gefüllt mit Familienbesuchen am Tag und Treffen von Freunden zu fortgeschrittener Stunde, eine doch recht erholsame Zeit waren. Nun ist Weihnachten wieder vorbei, und es geht bald in das neue Jahr. Wird bestimmt auch wieder turbulent werden.
Die Morgenröte, das Polarlicht des kleinen Mannes....kleiner Scherz. Wenn es kurz vor Weihnachten schon nicht winterlich wird, sondern fast 15 Grad Celsius sind und die Natur denkt, es sei Frühlingsanfang, dann sollte wenigstens früh morgens etwas fürs Auge dabei sein. Andererseits könnte man auch meinen die Zombieapokalypse steht direkt bevor. Wenn man dann noch mal sich den vorweihnachtlichen Innenstadt-Einkaufsalltag vor Augen führt, die Menschen, die gehetzt Dinge einkaufen um des Einkaufen willens, denkt man sowieso schon, die Zombies sind gekommen. In diesem Sinne, fröhliche Weihnachten!
Ich habe mir schon oft vorgenommen die East Side Gallery im Berliner Stadtteil Friedrichshain anzuschauen, wenn ich in Berlin war, hat aber meistens nicht gekalppt. Nun war es soweit, dass es zeitlich mal passte und ich mir diesen ehemaligen Mauerabschnitt samt künstlerischer Gestaltung anschauen konnte. Zusammen mit Touristen aus allen möglichen Ländern, Freiluftmusikern, Hütchenspielern! und DDR-Souvenirverkäufern schaute ich mir also auch das Motiv schlechthin der East Side Gallery an. Den sozialistischen Bruderkuss von Erich Honecker und Leonid Breschnew. Leider war ein großer Teil der Mauer mit einem unschönen Bauzaunversperrt....
Noch ein Mal etwas zu der Anton Corbijn Retrospektive im C/O Amerikahaus in Berlin. Während ich so durch die Ausstellung ging und bewunderte wie gelungen doch jedes einzelne Portrait ist, wie detailiert und unterschiedlich sie sind, aber gleichzeitig alle Portraits wie aus einem Guss wirken, da dachte ich mir, ob so etwas heute noch möglich ist. Ein junger Mann aus der holländischen Provinz findet durch seine Faszination zur Musik das Mittel der Fotografie, um in eine andere Welt einzutauchen. "Lauert" den Musikern solange auf, bis er sie fotografieren darf, wodurch er sich ein Netzwerk über 30 Jahre aufbaut, dass so ziemlich jeden wichtigen Musiker/Schauspieler umfasst. Während heute jeder ein Foto mit dem Smartphone macht, Musiker sich selber via social media produzieren und ein Foto nur noch eine Halbwertszeit von 3 s hat. Wäre das also heute noch möglich? Diese Fotos zu machen, diese Faszination zu wecken?
Ein Sonntagsausflug also. Nach Berlin, mit dem ICE. Keine vollständigen deutschen Sätze zwar, beschreiben aber trotzdem alles was sie sollen. Im Amerikahaus C/O in Berlin ist noch bis Ende Januar die Retrospektive zu dem Schaffen von Anton Corbijn zu sehen. Der seinerseits so ziemlich jeden bekannten Schauspieler und bedeutende Musikband der letzten 30 Jahre fotografiert hat. Seine Portraits sind schlicht, aber trotzdem sehr präzise und geben jedem porträtierten Chrakter eineindeutig wieder. Es ist bemerkenswert, wen der Holländer alles fotografiert und wie wenig die Bilder dabei gestellt wirken, mehr direkt aus dem Leben heruas. Freilich ist es ungleich mehr Arbeit gewesen diese Bilder zu erstellen, was man erst sieht wenn man auf die Details achtet. Nun kann man auch darüber streiten, ob Stephen Hawking jemals sonst eine verspiegelte Sonnebrille trägt...Details, sag ich mal.
Um es kurz zu machen, hingehen! Es lohnt sich.
Letzten Dienstag spielte Wanda im hannoverschen Capitol. Während ich gespannt mit Freunden auf den Anfang des Konzertes wartete, fragte ich mich, wie der Sänger (Marco Wanda) uns wohl mit seinem Wiener Dialekt begrüßen würde. Ein schnödes Hallo oder doch ein wienerisches Habe(n) d´ Ehre konnte ich mir zwar vorstellen, passte dann aber irgendwie doch nicht zu meiner Erwartungshaltung. Es kam ganz anders, Wanda (die Band) legte mit dem Song Luzia los wie die sprichwörtlich oft beschriene Eisenbahn, dann noch ein Song, Bologna. Und dann kamen die ersten nicht gesungenen Worte von Wanda (dem Sänger): Wenn jemand fragt wofür du stehst, sag Amore! Natürlich eine Zeile aus dem Song Bologna...besser hätte die Begrüßung nicht ausfallen können.