Heute ging unser Roadtrip so richtig los. Kurz nachdem wir morgens aus Marrakech raus sind, haben wir bevor es so richtig in das Atlas Gebirge, was wir um in die Wüste zu kommen überqueren müssen, Pause gemacht. Das Frühstück war super, der Ausblick fantastisch. Übrigens, das auf dem Foto ist unser Geländewagen, ein Chevrolet Spark, mit 45 PS. Platz für 2 über 1,90 m große Norddeutsche und zwei Koffer. Und ein Ersatzrad. Nach dem Foto ging es dann so richtig los, über Straßen, die eher Schotterpisten als asphaltierte Wege waren. Unser Spark hat aber die etwa 180 km durchgehalten, mindestens 50 km davon über Schotter bis auf 2200 m Höhe im Atlas Gebirge. Wir sind also gut an unserem Ziel in Ait-Ben Haddou angekommen und haben dabei eine beeindruckende Landschaft gesehen, dazu aber später mehr.
Marrakech wird als die Rote bezeichnet, weil fast alle Häuser rot oder okkerfarben sind. In den unzähligen kleinen Gassen der Medina (Altsatdt) haben wir uns mehrfach verlaufen, was aber nicht weiter schlimm war, so sieht man wenigstens mal was. Tagsüber und vor allem in den Abendstunden ist der zentrale Platz, der Djemaa el Fna, der Ort wo alles passiert. Verkäufer, die Essen, Gewürze und anderen Touri-Schrott anbieten, Schlangenbeschwörer, Zauberer, Geschichtenerzähler, Einheimische und Touristen tummeln sich auf dem riesigen Platz. Mich haben vor allem die mobilen Essenstände beeindruckt, die nach Anbruch der Dunkelheit aufgebaut werden. Zwar sind die Anschnacker, die einen zum hinsetzen und essen animieren wollen, überaus nervig, aber dennoch bietet dieser Platz in den Abendstunden ein beeindruckendes Schauspiel
Eigentlich wollte ich gar nichts zu unserem Marokko Roadtrip während der Reise bloggen. Wir, das sind Henning und ich, haben heute aber schon ziemlich tief in die Schei** gegriffen. Nachdem wir feststellten, dass die Sicherheit für den Mietwagen auf der Visacard vorgebucht werden muss, und diese 1500€ beträgt hatten wir ein Problem. Haben beide das Kleingedruckte vorher nicht gelesen, neben diversen Special Offers, war es nun das günstigste bei der Bank in Deutschland anzurufen und das Kreditlimit zu erhöhen. Hat dann auch geklappt. Angekommen in der Innestadt wollten wir uns durchfragen zu unserer Unterkunft, sind dann an ein paar Einheimische Jungs geraten, die mit uns dreimal im Kreis gelaufen sind und wir ziemlich angepisst waren, als die auch noch Geld von uns haben wollten. Eigentlich war das ja offensichtlich, aber naja, wir haben heute so ziemlich jeden touri-Fehler, den man machen kann mitgenommen!
Marrakech ist aber trotzdem super faszinierend, ganz anders als alles was ich bisher gesehen habe. Viele kleine Gassen, Märkte, Basare und viel Leben in den Straßen. Kann also nur besser werden.
Am Wochenende war das #z2x Festival. Ich durfte dabei sein, mir den Kopf mit Ideen füllen. Viele begeisterte und noch mehr begeisternde junge Menschen treffen, alle welt-offen, polyglott und social-media affin (fast alle). Gut, bin ich auch, glaube ich zumindest, wobei letzteres nur ein bisschen, ich habe ja nur Twitter. Ich musste vor allem an die Folgen unseres Weltreisentums denken, dieser speziellen Form der Globalisierung, die unsere Generation auszeichnet (neben dem sich nicht festlegen wollen...). Ich musste an die unzähligen Fotografen denken, die wir nicht mehr brauchen, weil wir ja Selfies machen. Wir brauchen sie nicht mehr, die, die in fernen Ländern an Sehenswürdigkeiten stehen, ein Foto von uns machen, es gleich ausdrucken und uns die Urlaubserinnerung to go für 50 Rupien verkaufen wollen. Alle arbeitslos, dank iPhone und co. Nun liegen sie am Boden, die zerrissenen Fotos, die keiner kaufen will.
Als ich letztens aufgrund der Deutschen Bahn sehr viel Zeit am Bahnhof von Lüneburg verbringen durfte, fiel mir nach langem umherlaufen ein Plakat auf. Es wird bald in Deutschland einen Fernsehsender nur für Bollywood-Filme geben. 24 Stunden am Tag Tanz, große Gefühle und eine Glitzerwelt, die so für die meisten Inder nicht existiert. Den Bollywoodfilm für den die Beiden hier die Dreharbeiten vorbereiten, wird es bestimmt auch zu sehen geben. Als Kulisse dann die Elora Caves , schade eigentlich, dass noch nicht gedreht worden ist, als ich da war, ich wäre bestimmt aufgefallen....
Zwei Tage nach dem Raj seinen drei-monatigen Aufenthalt bei uns am Institut in Hannover als Gastwissenschaftler beendet hatte, kam mein Kollege ins Büro. Total erfreut, weil er etwas unerwartet Geld gefunden hat. In seinen Turnschuhen war noch was versteckt. Waren allerdings Rupien, 3500 Rupien sogar, etwas mehr als 40€ also. Er hatte die Schuhe seit Indien weder saubergemacht noch irgendwie näher angeschaut, wir sind ja auch erst seit Anfang Februar zurück. Schade aber das Raj schon los ist, Rupien kann man in Deutschland nicht tauschen, dazu brauch man schon einen echten Inder, der damit was anfangen kann. Oder man fliegt selber noch ein Mal los!
In Göttingen muss jeder Doktorand und jede Doktorandin nach Verleihung des Zeugnisses zur Promotion an den Gänselieselbrunnen in der Innenstadt gehen. Dort wartet der eigentliche Höhepunkt der langjährigen Promotionszeit: vor hunderten Schaulustigen auf den Gänselieselbrunnen klettern, der Gänseliesel einen Strauß anstecken und sie küssen. Das wäre ja gar nicht so schwer, wenn nicht alle Umstehenden mit Wasserbomben auf einen werfen würden. Und man anschließend von seinen Freunden noch in den Brunnen geworfen wird. Hat gestern alles geklappt, die Gänseliesel ist 18 Mal geküsst worden und es wurde kräftig gefeiert....Achso, man sagt sich, es kommen einige nur wegen dieses Rituals zum promoviert werden nach Göttingen!
Zurück nach Indien....Nach dem kurzen Brexit Intermezzo mit zwei alten Bildern aus London geht es zurück nach Indien. Nach Mumbai in das Viertel Kala Ghoda. Zu sehen sind die typisch indischen Tee Gläser und Tee Kannen auf dem Kala Ghoda Arts Festival. Der Chai Tee (Chai Tee ist eigentlich doppelt, quasi Tee Tee) ist ja Nationalheiligtum und verbindet irgendwie alle Menschen. Egal von wo du kommst und egal wie wenig die Leute selber haben, auf einen Chai wird man immer eingeladen. Warum komme ich jetzt drauf? Ein Freund von mir ist mit seiner Frau zu einer bengalischen Hochzeit in Kolkata eingeladen worden. Er erkundigte sich bei mir was ihn und seine Frau erwartet und was typisch indisch sei. Chai natürlich. Eine Sache ist für den Chai entscheidend, der Zucker: bis zur Löslichkeitsgrenze muss er eingefüllt werden.
Brexit, die zweite: Gewurschtel, ein Wort, das selten so gut gepasst hat, wenn man sich die EU-UK Beziehungen derzeit anguckt. Auf der einen Seite, die vermeintlich Sieger, die nicht so recht wissen was sie mit ihrem Erfolg anstellen sollen, einem zürückgetretenem Premier, der eigentlich den Brexit umsetzen wollte und jetzt doch zurückgetreten ist, sowie das aus bei der der EM, gegen eines der kleinsten EU Länder. Auf der anderen Seite, die EU, weiß auch nicht so recht was sie machen soll, Hauptsache harte Linie zeigen und sagen, dass man Privilegien nur als Mitglied haben kann. Aber Gleichzeitig Freihandelsabkommen ohne die Nationalparlamente beschließen wollen. Hat man wohl gar nicht aus dem EU Referendum der Briten gelernt...
Eigentlich geht es hier nicht um Politik, heute ist allerdings der wohl bisher folgenschwerste Tag europäischer Zeitgeschichte seit Gründung der Europäischen Union und dem Mauerfall.
Das Land, das wie keines in Europa für Weltläufigkeit, Demokratie und Integration verschiedenster Kulturen steht, will nicht mehr Teil eines gemeinsamen Europas sein. Es scheint vordergründig um finanzielle Aspekte und die Angst vor Überfremdung zu gehen, gepaart mit dem Gefühl der Bevormundung aus Brüssel. Hintergründig ist es aber eine Entscheidung der Älteren über die Zukunft der Jüngeren. 75% der 18-24 jährigen haben sich für einen Verbleib in der Europäischen Union eingesetzt. Hoffentlich wird dadurch die Gemeinschaft der verbliebenen 27 Staaten gestärkt und die junge Generation in ganz Europa sich ihrer Verantwortung zur Mitgestaltung bewusst. Denn die Wahlbeteiligung war bei den über 65-jährigen am größten....
Gerade dieses Foto entdeckt, dass ich auf dem Kala Ghoda Arts Festival im Februar in Mumbai gemacht habe. Ich erinnere mich noch, wie sehr ich von der Offenheit auf diesem Festival überrascht und erfreut war, da ich so etwas vorher in Indien nicht erlebt habe. Auch dort ist mit Kunst für eine offene und tolerante Gesellschaft, in der jeder Leben kann, wie er/sie es will, geworben worden. Aufgrund des Anschlags in Orlando hat dieses Foto wieder den Weg in mein Bewusstsein gefunden.
Manchmal ist alles eine Frage der Perspektive. So wie an diesem Tag bei den Ellora Caves, als wir uns die in den Stein geschlagenen Höhlen anschauten und für unzählige Fotos mit Schülerinnen und Schülern posieren mussten. Für uns schon so etwas wie Routine, weil es vorher in Kerala und besonders auf der Hochzeit in West-Bengalen viele Fotos mit uns gegeben hat. Für die Schüler allerdings, die hier mit Jan ein Selfie machen, war es das absolute Highlight sich mit ihm zu fotografieren. Alles eine Frage der Perspektive eben.
Als ich am Wochenende zu einer Hochzeit eingeladen worden bin, einer deutschen Hochzeit mit der Bitte um angemessene Kleidung, ist mir spontan eine Frage eingefallen. Ob mein Sherwani, für eine indische Hochzeit mehr als angemessen, auch auf einer norddeutschen Hochzeit als angemessen gilt. Leider nein. Der gemeine Norddeutsche ist noch nicht bereit für indische Hochzeitskleidung. Wahrscheinlich wird es auch nicht so wie auf einer indischen Hochzeit sein, dass jedes Auto der Gäste gesegnet wird bevor es zu den Feierlichkeiten geht. So wie hier am ersten Tag der Hochzeit von Raj. Ajit, sagte, wenn etwa 500 Gäste des Bräutigams sich auf den gemeinsamen Weg zur Braut machen und dabei eine entsprechend große Zahl Autos gesegnet werden muss, kann das schon mal mehrere Stunden dauern!
Gestern kam das Gespräch mit Freunden auf die Nachtzugfahrt von Mumbai nach Aurangabad. Eigentlich bedarf es keiner Erklärung dieser wirklich bescheidenen Nacht in einem fahrenden Zug, wenngleich sie sich wegen der Ereignisse des darauffolgenden Tages doch unvergessen gemacht hat. Unter anderem haben wir früh morgens nach Ankunft, mehr oder weniger unfreiwillig, den langsamsten Inder der Welt getroffen, seines Zeichens Nachtmanager eines Hostels. In das wir notgedrungen mussten. Mehr zu der Geschichte hier nicht, aber gestern war sie Thema. Mir fiel dabei auf, dass hier noch kein einziges Bild der Ellora Caves aufgetaucht ist, obwohl wir die Nachtzugfahrt extra wegen dieses Ziels machten. Hier also die berühmteste und größte Höhle. Höhle 16, der Kailasa-Tempel; die größte vollständig aus einem natürlichen Felsvorsprung herausgehauene Höhle Indiens. Sehr beeindruckend, dient oft auch als Filmkulisse von Bollywood Filmen. Dazu wann anders mehr.
Mein Bengali ist trotz zwei Aufenthalten in Kharagpur, West-Bengalen, einer Hochzeit auf der nur eine Handvoll Leute englisch sprachen und indischen Freunden immer noch sehr überschaubar. Ich kann zum einen Tee (Cha(i)) bestellen, und zwar 1,2,3 oder 4 Stück. Zum anderen kann ich jemanden ansprechen, der älter ist als ich; dazu benutze ich das Wort Dada. Das bedeutet soviel wie großer Bruder. Denn in Bengalen spricht man die Leute nicht mit ihrem Namen oder einer formellen Anrede an, sondern so, als seien sie mit einem verwandt, wobei die verwandtschaftliche Beziehung dann die Anrede ist. Da ziemlich viele Rikscha Fahrer älter als ich waren, habe ich immer wenn ich nach einer Ausschau hielt, Hey Dada gerufen. Dasselbe beim kaufen von Kokosnüssen oder anderen Lebenslagen. Ich habe Hey Dada so ausführlich benutzt, dass es in meinen Sprachgebrauch eingezogen ist. Blöd war nur, dass ich es genauso auch in Kerala (Südindien) gemacht habe. Denn dort sprechen die Leute nicht Bengali, sondern Malayalam. Und auf Malayalam ist Dada eine leichte Beleidigung. Hab ich erst deutlich später erfahren, als ich wieder in Deutschland war, erklärt aber, warum uns so viele Rikscha Fahrer in Kerala übers Ohr gehauen haben.